Montag, 1. August 2016

Wahl 2005


Reinhard Landwehr


Bundestagwahl 2005: sozionisch gesehen


(Erstmals am 16. September 2005 auf der internationalen Sozionikwebseite von D. Lytov veröffentlicht.)

 



Gerhard Merkel oder Angela Schröder? So verworren und diffizil stellt sich zahlreichen Wahlern die Entscheidungsfrage bei der Bundestagswahl am 18. September 2005. Viele sehen die Kandidaten nicht mit einer Brille, die nur ein Schwarz-Weiß-Bild zulässt, sondern erkennen sowohl Stärken als auch Schwächen bei beiden Kandidaten, sodass fur sie eine Große Koalition ein wünschenswerter Kompromiss darstellt.

Allerdings ist mit einer bloßen Addition von Personlichkeiten noch kein Problem gelost, weil keineswegs garantiert ist, dass beide Kandidaten und ihre Parteien zusammenpassen und sich nicht auch bei abgeschalteten Fernsehkameras wie Hund und Katze bekampfen werden.

Antworten auf diese Fragen nach den Stärken und Schwächen von Persönlichkeiten und ihre möglichen Ergänzungen oder Konflikten versucht die junge Wissenschaft der Sozionik zu geben.

Eine sozionische Analyse beginnt mit einer Typisierung der wichtigsten Akteure. Das bereitet gerade bei Politikern in einer Wahlkampfsituation besondere Probleme; denn einerseits mussen alle Kandidaten, die von großeren Parteien auf den Schild gehoben wurden, durchaus uber gemeinsame Eigenschaften verfugen: sie mussen nach Macht streben und gelernt haben, wie man sich innerhalb einer Partei durchsetzen kann. Zugleich müssen sie Wahler für sich gewinnen, indem sie politische Fragen und ihre Losungen so darstellen können, dass die Wähler ihnen folgen und ihre Stimme geben.


Andererseits sind Politiker in einer Massen- und Mediendemokratie immer auch Politikdarsteller mit entsprechenden schauspielerischen Fähigkeiten, die sich so geben können, wie sie nach den Hinweisen ihrer Berater bei potenziellen Wahlen gut „ankommen“.

Beide Zwänge des politischen Geschäfts überformen den ursprünglichen Persönlichkeitstyp, sodass für eine Typisierung auch Details aus dem vorpolitischen Leben, also vor allem aus der Kindheit und Jugend, wie sie sich in den Biografien finden, wertvolle Informationen liefern. Ansonsten wurden fast alle realen Politiker dem Typ ähneln, den die Sozioniker mit dem Pseudonym „Politiker“ oder „Diplomat“ bezeichnen. Sie lieben die Macht, die sie über andere besitzen, und unternehmen alles, um ihre Popularität zu steigern.

Neben dieser politisch bedingten Typüberprägung bestehen die üblichen Schwierigkeiten einer Zuordnung zu den sozionischen Typen, fur die üblicherweise neben den Hinweisen Jungs, die haufig den groben Strichen von Karikaturisten ähneln, die Profile der sechzehn Typen herangezogen werden, wie sie die verstorbene Aushra Augusta und Igor Weisband auf Grund ihrer Erfahrungen mit realen Menschen verfasst haben.

Ein Vergleich zwischen dem Kanzler Gerhard Schröder und seiner Herausforderin Angela Merkel zeigt deutliche Unterschiede in den Dimensionen, die fur Carl G. Jung und die Sozionik besonders relevant sind.

Wahrend Frau Merkel als Kind eher zuruckhaltend war und auch heute noch keinen small talk liebt, fallt es dem amtierenden Bundeskanzler sehr leicht, auf andere Menschen zuzugehen. Auch sind seine Antworten erklarterma?en freimutig, wenn er gern immer wieder ein: "Bitte, wir reden hier unter uns" einstreut oder seinen Gesprachspartnern auf die Schultern klopft, ja, der Inszenierungsartist Schroder (Dieball) lacht herzlich und ansteckend. Den charmierenden Schröder wünschen sich daher trotz des generell schlechten Politikerimages viele Deutsche als Nachbarn. Die Kandidatin wird hingegen von ihrer Umgebung eher als kühl und nüchtern wahrgenommen, und Einblicke in ihre Privatsphäre lässt sie nur selten zu.

Ein intensives, langes argumentatives Abwagen des Für und Wider einer Sache oder das geduldige Verfolgen langfristiger Konzepte sind nicht das Metier des extravertierten Kanzlers Schröder, der spontan für ihn günstige Gelegenheiten beim Schopf zu packen versteht. So verkürzt er Diskussionen gern mit seiner Lieblingsfloskel, nach der etwas „gar keine Frage“ ist, oder er versucht eine rasche Lösung durch ein abruptes "Basta!" zu erreichten.

Gerhard Schröder ist so offensichtlich der geborene Diplomat und Politiker (ESFP), wie einige Sozioniker diesen Typ bezeichnen und näher charakterisieren: er tritt selbstsicher und gewinnend auf, sodass er ein guter Botschafter für seine Sache und vor allem für sich selbst ist. Dank seines Wagemuts und seiner Entscheidungsfreudigkeit weiß er immer, was er will. Ein „Politiker“ liebt es, angesehen zu sein und im Mittelpunkt zustehen. Dabei hilft ihm seine Fähigkeit, in Gesprächen leicht eine intime und aufrichtige Atmosphäre zu schaffen.

Von diesem Typ weicht Frau Merkel, die vor ihrer politischen Karriere als theoretische Physikerin gearbeitet hat, deutlich ab, da sie sich nicht scheut, auch für „Visionen“ in der Politik zu votieren, ein Gesamtkonzept einzufordern und erst nach reiflichem Abwagen möglicher Folgen Entscheidungen zu fallen. Dabei ist sie trotz des medial vermittelten Politikbetriebes stark an der jeweiligen Sache orientiert, wenn sie sogar als Frau ihrer Frisur und ihrem übrigen Outfit relativ wenig Bedeutung beimisst. In der Sprache der Sozioniker, die sie als „Analytikerin“ (INTJ) typisieren können, stellt diese ostdeutsche Frau ohne Jurastudium und führende Mitgliedschaft in der Jugendorganisation ihrer Partei somit eher eine „Anti-Politikerin“ dar.

Anders als der Bundeskanzler ist sein Vize Joschka Fischer auf seinen Bücherschrank stolz, sodass nicht nur seine Sorge und Reflexion ausdrückenden Stirnfalten auf einen Denktyp verweisen. Kennzeichnend für ihn ist zudem seine ausgeprägte Wandlungsfähigkeit, die ihn vom schulisch gescheiterten Messdiener über einen gewalttätigen Sponti im Frankfurt der 68er-Generation, einen streng pazifistischen Grünenpolitiker und hessischen Turnschuhminister bis zum staatsmännisch auftretenden Außenminister im Dreiteiler gebracht hat, auf dessen Schultern die Probleme der Welt in Gegenwart und Zukunft zu lasten scheinen.

So unterschiedlich diese Rollen auch sind, verstand es Fischer offensichtlich immer, eine gute Figur und damit Karriere zu machen, weil er sich der jeweiligen Umwelt gut einzupassen verstand. Das gilt nicht zuletzt auch für das weibliche Geschlecht. Solche kontaktfreudigen und einfühlsamen Menschen, die auch durchaus etwas von einem Casanova haben können, nennen die Sozioniker „Psychologen“ (ENFP).

Nicht nur die politischen Vorstellungen, sondern auch die Persönlichkeitsmerkmale können die Animositäten zwischen dem Vizekanzler und dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle erklären, dessen Leben überaus geradlinig verlaufen ist, und das obwohl die sexuelle Orientierung einer unkomplizierten sozialen Integration durchaus hätte im Wege stehen können.

Schon als Kind hat Westerwelle seinen Träumen vom Weltenbummler, von Errol Flynn und Pippi Langstrumpf, abgeschworen und war stattdessen besonders brav. Der FDP-Vorsitzende lebt als ein „Li-La-Launebär” (Schnaas) voller Optimismus in Übereinstimmung mit der Welt, so wie sie ist. Bei diesem fleißigen „Arbeitstier“ (Knuppel) schätzen seine Anhänger den Klartext, den er in der Tagespolitik spricht, und seinen kühlen Pragmatismus, wahrend seine Gegner tiefer gehende Wertvorstellungen vermissen.

Damit entspricht Westerwelle dem sozionischen Typ des „Pragmatikers“ (ISTJ), der als konsequenter Organisator leicht die Probleme des Alltagslebens lösen kann, was ihm allerdings nicht immer nur Freunde schafft, da ein „Pragmatiker“ nur wenig Verständnis für das nachlässige und verantwortungslose Verhalten anderer aufbringen kann.

Auch wenn der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber ganz wie Westerwelle eine stetige Juristenkarriere mit Promotion und eine ebenso gradlinige Parteikarriere über das Amt des Generalsekretärs seiner Partei durchlaufen hat, unterscheiden sich beide in ihren Persönlichkeitsmerkmalen deutlich, was ihre gegenseitige Geringschätzung erklaren kann. Stoiber, der in seinen jüngeren Jahren wegen seiner rhetorischen Spitzen als „blondes Fallbeil“ kritisiert wurde, sieht sich als Wahrer einer "christlich-abendländischen Leitkultur", die nicht in einem „Mischmasch“ aufgehen soll. Obwohl er auf Grund seiner scharfen Formulierungen oft polarisierend wirkt, sieht er sich selbst als „Anhänger der Konsensgesellschaft“ und zaudert nicht selten, wenn Entscheidungen zu treffen sind, etwa bei der Wahl zwischen einem Amt in Bayern oder Berlin.

Dieses mühsame Ringen um die richtigen Worte und Handlungen erklärt auch seinen teilweise gedrechselten und von Pausen unterbrochenen Redestil, wobei sich innere Spannungen auch in seiner Neigung zu einer ausgeprägten Gestik zeigen, die nicht selten aggressiv wirkt.

Sozioniker bezeichnen diesen zuweilen belehrend agierenden Typ, der durch eine dramatisierende Weltsicht und eine Tendenz zu Zweifeln gekennzeichnet ist, als „Mentor“ (ENFJ), fur den der von Shakespeare geschaffene Charakter des Dänenprinzen Hamlet als prägnantes Beispiel gilt.

Die Politiker der Linkspartei unterscheiden sich nicht nur in ihren politischen Konzepten von denen der sogenannten neoliberalen Hartz-IV-Parteien. Auch durch ihre Persönlichkeitsmerkmale weichen sie deutlich ab. Das gilt vor allem für Oskar Lafontaine, den eine distanziert-kritische Einstellung sogar gegenüber seiner engeren Umwelt kennzeichnet. Diese Skepsis gegenüber der etablierten Macht zieht sich trotz seiner eigenen führenden Positionen als Oberbürgermeister, Ministerpräsident und Parteivorsitzender durch sein ganzes Leben, angefangen als jugendlicher „Linker“ in einem katholischen Internat und als Stipendiat des Cusanus Werks, später als scharfer Opponent des damaligen SPD-Bundskanzlers Schmidt auf Anti-Kriegs- und Atom-Demonstrationen und jetzt als Konkurrent von Bundeskanzler Schröder und der SPD, deren Vorsitzender und Kanzlerkandidat er vor nicht allzu vielen Jahren selbst war.

Solche Menschen mit einer außerordentlich gut ausgeprägten Beobachtungsgabe und einer skeptischen Grundhaltung nennen die Sozioniker „Kritiker“ (INTP). Sie messen die realen Lebensverhältnisse der Menschen an ihren Idealen und können so leicht zu einem Schluss kommen, mit dem Lafontaine eines seiner Bücher betitelt hat: „Die Wut wachst. Politik braucht Prinzipien“.

Innerhalb der Linkspartei trennen Oskar Lafontaine und Gregor Gysi nicht nur ihre differierende politische Herkunft aus der westdeutschen SPD und der ostdeutschen SED bzw. PDS, sondern auch ihre Persönlichkeitsmerkmale. „Take it easy, take Gysi!”, empfahl sich vor einigen Jahren der Ostdeutsche, der wegen seiner witzigen und quirligen Beiträge ein gern gesehener Gast von Talk Shows ist, in denen er im Plauderton für den Sozialismus zu werben versteht. Dabei vergisst er trotz dieses abstrakten Zukunftsentwurfs keineswegs die persönlichen Annehmlichkeiten des Hier und Jetzt, wie seine Bonusmeilen-Affäre gezeigt hat. Trotz seines ausgeprägten Enthusiasmus steht Gysi eben mit beiden Beinen auf der Erde, da er genau weiß, wie man sein Geld verdient und mit seinen Mitmenschen zurechtkommt. Einen solchen emotionalen, umtriebigen Menschen, der es versteht es, gut zu leben, bezeichnet die Sozionik als “Bonviant”.

Politiker

Code

Pseudonym

Bezeichnung nach Elena Hochnadel (http://www.sozionik.info/)

Joschka Fischer
ENFp
Psychologe
moglichkeitsintuitiver Beziehungsethiker
Gregor Gysi
ESFj
Bonvivant
emotionsethischer Empfindungssensoriker
Oskar Lafontaine
INTp
Kritiker
zeitintuitiver Handlungslogiker
Angela Merkel
INTj
Analytikerin
strukturlogische Moglichkeitsintuitive
Gerhard Schröder
ESFp
Diplomat
kraftsensorischer Beziehungsethiker
Edmund Stoiber
ENFj
Mentor
moglichkeitsintuitiver Beziehungsethiker
Guido Westerwelle
ISTj
Pragmatiker
strukturlogischer Kraftsensoriker
Anmerkung des Webmeisters (Dmitri Lytov): Meiner Meinung nach ist Lafontaine eher ein ENTP (Erfinder) als ein INTP, und muss daher zur selben Quadra gehören wie Gregor Gysi.

Das Duell zwischen dem Kanzler und der Kanzlerkandidatin ist somit nicht nur eine politische Richtungsentscheidung, wie es von den Parteien immer wieder betont wird, sondern auch eine Entscheidung zwischen zwei sehr verschiedenen Persönlichkeitstypen. In einer Kanzlerdemokratie, die sehr stark von der Person an der Spitze mit ihrer Richtlinienkompetenz geprägt wird, kann damit sogar durchaus eine zusätzliche politische Weichenstellung verbunden sein..

Nach dem Urteil der Sozionik führt die Zugehörigkeit zu verschiedenen Typen zu unterschiedlichen Wahrnehmungen der Umwelt und ihrer Probleme, aber auch zu abweichende Prioritatensetzungen und Handlungsweisen. Ein „Diplomat“ und eine „Analytikerin“ können daher nicht nur in einstudierten TV-Auftritten keine gemeinsame Sprachbasis oder gar einen Konsens finden, sondern sie sehen sich beim Austausch ihrer Argumente auch ungläubig an, weil sie sich einfach kaum verstehen können.

Unabhängig von den politischen Inhalten lässt sich eine Wahl auch als ein Barometer für die dominanten Orientierungen einer Gesellschaft interpretieren. Sieht man zentrale Trends der modernen Mediendemokratie vor allem in einer Personalisierung und Kurzfristigkeit von Politik, die in Talks Shows möglichst offen ausgebreitet wird und schnelle Reaktionen auf jede neue Tagesnachricht verlangt, so können die Wahler entweder einen Politikertyp wählen, der dieser Tendenz mit seinen Persönlichkeitsmerkmalen entspricht, oder aber einen Typ bevorzugen, der im Sinne der Sozionik stärker eine Ergänzung darstellt und Defizite in der Gesellschaft kompensieren kann. Das aktuelle Duell zwischen dem „Politiker“ Schröder und der „Analytikerin“ Merkel kann daher über diese Präferenz und Erfahrung des Gros der Wahler fast idealtypisch Aufschluss geben.

Allerdings muss man bei einer Gesamtbeurteilung berücksichtigen, dass der von der Sozionik so energisch geforderte Ausgleich von persönlichen Stärken und Schwächen nicht zwangsläufig von einer einzelnen Person erwartet werden muss. Vielmehr kann ihn auch ein Kabinett leisten, das – betrachtet man das Spannungsfeld zwischen den Tendenzen einer Mediengesellschaft und den Erfordernissen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungen in einer globalisierten Welt – auch konzeptionelle und längerfristige Chancen erkennen und gezielt zu nutzen verstehen muss.


Ergänzung vom 16. Oktober 2005

Der Typisierungsvorschlag war vielleicht ein sehr kühner Versuch, da gerade Politiker - und noch dazu im Wahlkampf – sich gern hinter „Masken“ verstecken, sodass man ihr „wahres“ Gesicht oder ihre tatsächliche Persönlichkeitsstruktur kaum noch erahnen kann. Zudem gehen die besonders verbreiteten sozionischen Typisierungsmethoden von einer recht intimen Primärerfahrung mit der jeweiligen Person aus, indem sie beispielsweise berücksichtigen, wie aufgeräumt eine Wohnung ist.

Wichtig für mich war daher auch vor allem eine Resonanz, und die habe ich erhalten, denn es hat sowohl zustimmende als auch kritische Kommentare und abweichende Typisierungsvorschläge gegeben. Für alle diese Hinweise möchte die ich mich sehr bedanken, da durch sie eine Weiterentwicklung nicht nur des konkreten Vorschlags, sondern auch der Vorgehensweise möglich wird.

Elena Hochnadel (www.sozionik.info) hat ihre Position auf ihrer Seite und in einem getrennten Hinweis auf Gregor Gysi dargestellt. Zudem habe ich von Herrn Dmitri Lytov, einem Sozioniker aus Sankt Petersburg, der die internationale Sozionikseite www.socioniko.net betreibt, eine Mail erhalten. Darin nimmt er eine abweichende Zuordnung von Oskar Lafontaine vor, der für ihn kein Kritiker (INTp), sondern ein Erfinder (ENTp) ist.

Betrachtet man zunächst einmal die vier einzelnen Dimensionen, so gibt es vor allem unterschiedliche Beurteilungen von I und E bei Gysi, Lafontaine und Westerwelle sowie bei J und P bzw. der dominanten Wahrnehmungsfunktion (Merkel, Schröder). Eine Differenz besteht schließlich noch in der F-T-Dimension (Fischer).

Diese kleine Statistik kann man zweifellos unterschiedlich beurteilen, fast wie ein Glas Wasser, das sich entweder als halb leer oder halb voll bezeichnen lässt. Natürlich könnte ich auch noch versuchen, für meine Position zum zweiten Mal die Werbetrommel zu schlagen und weitere Argumente ins Feld zu führen. Mir scheint es jedoch wichtiger zu sein, einerseits auf die Schwierigkeiten bei einer objektiven Typisierung aufmerksam zu machen und andererseits die Entwicklung von Typisierungsmethoden zu wünschen, die eindeutiger und leichter nachvollziehbar sind als die bisherigen.

Diesen Weg schlägt Herr Lytov ein, wenn er sein abweichendes Urteil mit einem Verweis auf die sozionischen Profile der Typen sehr präzise begründet. So weist er zunächst auf ein mögliches Missverständnis hin, dass mit dem Pseudonym Kritiker verbunden werden kann; denn der „Kritiker“ ist in der Sozionik niemand, der „alle anderen Leute kritisiert“, sondern seine Kritik darauf richtet, „unnötige Arbeit und/oder unvernünftige Tätigkeiten zu vermeiden“. Im sozialen Umgang ist er hingegen „gewöhnlich eine ruhige und etwas nachgiebige Person.“ Als typisches Beispiel für einen „Kritiker“ nennt Herr Lytov den antiken griechischen Philosophen Sokrates, dessen Kritik „sehr fein und kunstvoll“ ist, wenn er etwa die Widersprüche in der Position seiner Opponenten durch für ihn charakteristische Fragen entlarven will, wie etwa:„Das ist ganz gut und logisch, aber hast du alle Möglichkeiten in Betracht gezogen?“.

Für Herrn Lytov ist Lafontaine hingegen ein „Erfinder“, der nach dem sozionischen Profil „oft offen ausspricht, was er für das Richtige hält, ohne zu bedenken, welche Folgen es bringen kann“.

Auch bei diesem „ganzheitlichen“ Typisierungsansatz kann man vielleicht noch andere Teile der jeweiligen Profile betrachten oder zu anderen Beurteilungen des Verhaltens von Oskar Lafontaine gelangen.

Man kann allerdings auch auf die Zukunft warten, denn für Herrn Lytov bilden Gysi und Lafontaine nach der sozionischen Logik eine Koalition, da sie beide zur 1. Quadra zählen, während die deutschen Medien ja eher Reibereien zwischen zwei Egomanen erwarten.

Quellen:


Dieball, Werner, Gerhard Schröder: Körpersprache - Wahrheit oder Lüge?, 2002.



 

Montag, 6. Januar 2014

Emotionen







Die Emotionen sozionischer Typen



Zu den relativ wenigen empirischen Untersuchungen in der Sozionik zählt eine 
Studie der Linguistikerin Nadja Medvedovska, die unter dem Titel „Empirische Untersuchung der Gefühle von sozionischen Typen“ den Zusammenhängen zwischen den sozionischen Typen und dem Gefühlsleben ihrer Angehörigen nachgeht.

Zu diesem Zweck hat die Autorin die Daten von 624 Teilnehmern im Sozionik-Forum www.socioforum.su ausgewertet, die sowohl über ihren sozionischen Typ Auskunft gegeben als auch die Frage „Welche Emotion erleben sie am häufigsten?“ beantwortet haben. Dabei waren entsprechend der grundlegenden psychologischen Arbeit von Carroll E. Izard die zehn Gefühle Interesse, Leid, Widerwillen, Freude, Zorn, Überraschung, Scham, Furcht, Verachtung und Schuldgefühl vorgegeben, die nach Izard in jeder Kultur auf der Erde vorkommen. Als Kontrollgruppe dienten 264 Teilnehmer aus einem Psychologie-Forum. 

Eine Auswertung der Zusammenhänge zwischen den 16 sozionischen Typen und ihren Emotionen erfolgte sowohl für die vier sozionischen Quadras und Clubs als auch einzelne Typen, wobei die nicht allzu große Teilnehmerzahl bei einzelnen Typen zu berücksichtigen ist. Das gilt etwa für den Typ ISFp (Vermittler) mit nur 11 Fällen.

Die als Quadras und Clubs bezeichneten Klassifikationen von jeweils vier Typen haben in der Sozionik eine besondere Bedeutung. So fasst man zu einer der vier Quadras jeweils zwei Dualpaare zusammen, zwischen deren Typen nur positive Beziehungen bestehen, sodass ihre Angehörigen harmonische Gruppen bilden. Die vier Typen, die jeweils einen der vier Clubs bilden, weisen eine besonders große Ähnlichkeit auf, da sie jeweils gemeinsam eine der Merkmalskombinationen NF, SF, ST oder NT besitzen. 



Emotionen in den sozionischen Quadras


In der Kontrollgruppe wurden die Emotionen Interesse und Freude mit über 20% Anteil und Leid mit gut 15% am häufigsten genannt. Die Quadra Alpha weicht davon durch leicht höhere Werte für Interesse und Freude ab, während in dieser Quadra das Gefühl Leid seltener genannt wird. Eine deutliche Abweichung vom Durchschnitt der Quadra und auch von der Kontrollgruppe zeigte sich beim Typ INTj (Analytiker), der durch höhere Werte für die eher negativen Emotionen wie Leid, Scham, Verachtung und Schuldgefühl gegenüber dem Durchschnitt auffällt.

In der Quadra Beta wird das Gefühl Leid fast so häufig wie die insgesamt dominierenden Gefühle Freude und Interesse genannt. Nur der Typ ESTp (Stratege) macht dabei eine Ausnahme, da er stärker der Kontrollgruppe entspricht. Besonders negativ fallen die Emotionen auf der anderen Seite für den Typ ISTj (Pragmatiker) aus, dessen Angehörige besonders häufig Schuldgefühle, Leid und vor allem Zorn nennen.

Für alle Typen der Quadra Gamma ist Interesse das häufigste Gefühl. Insgesamt sind die Werte für die vier Typen jedoch sehr unterschiedlich, wobei sich der mit 64 Fällen in der Stichprobe besonders häufige Typ INTp (Kritiker) durch besonders hohe Anteilswerte in den Kategorien Leid und Schuldgefühl sowie einen extrem niedrigen Wert für Freude vom Durchschnitt unterscheidet. Weitere Besonderheiten sind hohe Anteilswerte für das Gefühl Zorn bei den ENTjs (Unternehmer) und den ESFps (Diplomat) sowie verbreitete Angst bei den ISFjs (Bewahrern).

In der Quadra Delta weicht der Typ ESTj (Verwalter) durch einen sehr niedrigen Wert für Freude deutlich vom ohnehin vergleichsweise niedrigen Durchschnittswert der Quadra ab. Dagegen weist dieser Typ besonders hohe Anteilswerte für Zorn und Verachtung auf. Bei den Werten für die Quadra muss das starke Gewicht des Typs ISTp (Meister) mit insgesamt 88 Fällen und damit dem höchsten Wert für alle 16 sozionischen Typen.

Damit lassen sich unter den Vorbehalten, die aufgrund der problematischen Repräsentativität bestehen, die Quadras Alpha und Beta grob als „fröhlich“ und die beiden anderen als „ernst“ charakterisieren. 



Emotionen in den sozionischen Clubs


Auch bei den Clubs konnte die Autorin deutlichen Unterschiede nachweisen. Relativ ähnlich sind dabei die Emotionsprofile von Humanitären (NF) und Sozialmenschen (SF), die überdurchschnittlich hohe Anteilswerte für das Gefühl Freude aufweisen. Entscheidend scheint also die ethische Ausprägung zu sein. Leid wird auf der anderen Seite überdurchschnittlich häufig von den Forschern (NT) und den Humanitären (NF) genannt, so dass hier der Einfluss von der Komponente Intuition auszugehen scheint. Eine stärkere Differenzierung zwischen den Clubs tritt bei der Emotion Zorn auf, wo sich die Praktiker durch einen hohen Wert deutlich von den Humanitären unterscheiden. 



Emotionale Typunterschiede


Bei diesen Werten für die Clubs mit ihren jeweils vier Typen dürfen die deutlichen Unterschiede zwischen den Typen nicht übersehen werden. So wird unter den Forschern (NT) nur relativ selten das Gefühl „Freude“ genannt, was allerdings generell auf die Introvertieren in diesem Club und ganz besonders auf den extrem niedrigen Wert für die INTj (Analytiker) zurückzuführen ist, während die beiden extravertierten Typen durchaus durchschnittliche Werte aufweisen.

Abschließend betrachtet die Autorin noch die Häufigkeit der Gefühle bei den sechzehn sozionischen Typen, wobei sie eine Vielzahl deutlicher Unterschiede feststellten kann. Daraus lässt sich zweifellos schließen, dass die sozionischen Typen auch für psychischen Merkmale, die nicht bereits für die Zuordnung herangezogen wurden, von Bedeutung sind.

Insgesamt kommt Nadja Medvedovska daher aufgrund ihrer Ergebnisse zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang zwischen den sozioischen Typen und den berichteten Emotionen besteht, was für die psychische Unterschiedlichkeit der zu verschiedenen Typen zusammengefassten Personen spricht. Auch wenn die Ergebnisse durch die Erhebungsmethode relativiert werden müssen, können sie für die Autorin wichtige Hinweise auf die emotionale Atmosphäre in den verschiedenen Quadras und Clubs liefern. 



Emotionale Unterschiede zwischen den Persönlichkeitsdimensionen


Die von Nadja Medvedovska veröffentlichten Befragungsdaten lassen sich unter weiteren Aspekten auswerten. Geht man von den Psychologischen Typen Jungs aus, kann man danach fragen, ob die Emotionen einen Zusammenhang mit den Einstellungen Extraversion – Introversion, den Funktionen oder Sichtweisen Empfinden, Fühle, Denken und Intuieren sowie den Kombinationen von Einstellungen und Funktionen besitzen.

Auf diese Weise lassen sich gleich zwei Vorteile realisieren: man kann sich auf größere Fallzahlen als bei den einzelnen Typen stützen, so dass Verzerrungen durch die Stichprobe stärker ausgeschaltet werden, und man kann die Zusammenhänge tiefer analysieren, weil mögliche Erklärungsfaktoren differenzierter hervortreten.

Doch wie sehen die konkreten Ergebnisse im Einzelnen aus? 



Freude bei den Extravertierten – Leid bei den Introvertierten 



Vergleicht man die Häufigkeit der Gefühle für die extra- und die introvertierten Typen, fallen vor allem die Anteilswerte für die Emotionen Freude und Leid auf; denn bei den Extravertierten nennen fast 23 Prozent Freude als hauptsächliches Gefühl. Nicht einmal halb so viele (10 Prozent) haben Leid genannt. Bei den Introvertierten sieht es deutlich anders aus. Hier werden die beiden so unterschiedlichen Emotionen fast gleich häufig erlebt; denn die Anteilswerte liegen bei 18 Prozent für Freude und 17 Prozent für Leid.

Noch deutlicher werden diese Unterschiede zwischen den beiden Einstellungen, wenn man noch die Funktionen Fühlen – Denken bzw. in der Sozionik Ethik – Logik hinzunimmt. Die extravertierten Fühltypen nennen zu 27 Prozent Freude, während es bei introvertierten Denktypen nur 11 Prozent sind. Umgekehrt verhält es sich wieder mit der Verteilung des Gefühls Leid; denn hier liegt die Häufigkeit dafür, dass Leid genannt wird, bei den introvertierten Denktypen mit 19 Prozent fast doppelt so hoch wie der Wert für Freude. Bei den extravertierten Denk- und Fühltypen wird hingegen „Leid“ nur in 12 bzw. 8 Prozent der Fälle in der Befragung angegeben.

Allerdings ist das Gefühl Leid nicht einmal besonders eng mit der introvertierten Logik verbunden. Einen noch höheren Anteil findet man mit über 20 Prozent bei den introvertierten Intuitiven, die deutlich häufiger Leid als Freude (17 Prozent) empfinden. 



Zornige Extravertierte und ängstliche Introvertierte mit Schuldgefühlen 



Während bei dem neben Freude und Leid besonders häufig genannten Gefühl Interesse nur geringe Unterschiede bestehen, findet man eine relativ große Streuung, wenn man einige insgesamt eher seltener auftretenden Gefühle betrachtet.

So ist der Wert für Zorn bei den Extravertierten insgesamt mit fast 14 Prozent deutlich höher als bei den Introvertierten mit nur 6 Prozent. Besonders häufig wird Zorn von den extravertierten Logikern mit 17 Prozent genannt, während nicht einmal 4 Prozent der introvertierten Ethiker dieses Merkmal nennen.

Drei weitere Gefühle sind hingegen bei den Introvertierten stärker vertreten. Das gilt für Angst, Scham und Schuldgefühl, deren Wert teilweise doppelt so hoch sind wie bei den Extravertierten. In der Summe steht so ein Wert von 16 Prozent bei den Introvertierten einem Anteils von insgesamt nur knapp 8 Prozent gegenüber.

Da diese Ergebnisse nur die Durchschnitte für alle Funktionen angeben, lassen sich für einzelne Sichtweisen von Extra- und Introvertierten noch größere Unterscheide finden. So nennen beispielsweise die extravertierten Ethiker und Sensoriker zu jeweils 17 Prozent Zorn als wichtigstes Gefühl, während Schuldgefühle bei den introvertierten Logikern besonders häufig sind. 



Schlussfolgerungen 



Diese Auswertung belegt somit nicht nur die Zusammenhänge zwischen den psychischen Gefühlen und den sozionischen Typen, sondern weist zudem auf eine Belastung der Introvertierten durch negative Gefühle wie Leid, Angst und Schuld hin, die sich in Verbindung mit einzelnen Funktionen noch verstärkt.

Während diese Gefühle eher passiv erlitten werden, lässt sich der Zorn der Extravertierten als eine aktive Gegenreaktion auf Umwelteinsflüsse interpretieren.

Diese deutlichen Unterschiede im Gefühlsleben der sozionischen Typen verdienen sicherlich mehr Beachtung in der sozionischen Beratungspraxis, da sie erhebliche Bedeutung für das Verstehen der Betroffenen haben dürften. 



Emotionen und Temperamente


Ein weiteres Auswertungsschema für die Befragungsdaten über sozionische Typzugehörigkeit und Emotionen, die Nadja Medvedovska in ihrem Artikel „Empirische Untersuchung der Gefühle von sozionischen Typen“ veröffentlicht hat, können die Temperamente sein, die schon in der Antike zur Charakterisierung von Individuen verwendet wurden und die der ukrainische Sozioniktheoretiker Viktor Gulenko mit der sozionischen Typisierung verbunden hat.

In der antiken Temperamentenlehre, deren Anfänge Hippokrates von Kós (460 - 375. Chr.) zugeschrieben werden, stehen sogar die „seelische Verfassung“ und damit die Emotionen im Vordergrund der Typologie. So galten die Phlegmatiker als friedliebend, ordentlich, passiv und unsicher, die Sanguiniker als heiter, aktiv, gesprächig und optimistisch, die Choleriker als reizbar, furchtlos und willensstark sowie die Melancholiker als traurig, nachdenklich, beharrend, verlässlich und selbstbeherrscht.

Nach Gulenkos Interpretation lassen sich die vier Temperamente mit den Dimensionen Extraversion und Intraversion sowie Rationalität und Irrationalität definieren. So setzt er die rationalen Extravertierten mit den Cholerikern, die rationalen Introvertierten mit den Phlegmatikern, die irrationalen Extravertierten mit den Sanguinikern und schließlich die irrationalen Introvertierten mit den Melancholikern gleich. 


Sozionische Temperamente nach Gulenko


Funktionen
Extravertiert
Introvertiert
Rational
Choleriker
Phlegmatiker
Irrational
Sanguiniker
Melancholiker

Die Befragungsdaten bieten damit eine gute Chance, um einmal zu überprüfen, ob diese Annahmen von Gulenko gerechtfertigt sind und wie sich die sozionische Typologie zur antiken Temperamentenlehre verhält.

Vor allem die Beschreibungsadjektive „heiter“ für die Sanguiniker im Gegensatz zu „traurig“ für die Melancholiker sowie „unsicher“ für die Phlegmatiker und „furchtlos“ für die Choleriker weisen auf einen engen Bezug zu den Emotionen Freude, Leid und Angst hin.

Freude und Leid bei Sanguinikern und Melancholikern

Ein Blick auf die Daten zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen Sanguinikern und Melancholikern; denn 18 Prozent der Melancholiker nennen Leid als wichtigstes Gefühl, während es nur genau halb so viele bei den Sanguinikern sind. Beide Werte müssen vor dem Hintergrund eines Anteils von 15 Prozent in der Kontrollgruppe gesehen werden.

Auch die Häufigkeit der Nennungen für das positive Gefühl Freude bestätigt die Erwartungen; denn hier steht einem Wert von 25 Prozent bei den Sanguinikern einer von 19 Prozent bei den Melancholikern gegenüber. Drei dieser vier Indikatoren sind zugleich die Extremwerte unter den vier Temperamenttypen; nur der Anteil des Gefühls Freude ist bei den Phlegmatikern mit 17 Prozent noch leicht geringer als bei den Melancholikern.

Das alte Wissen um die traurigen Melancholiker und die heiteren Sanguiniker konnte also durch Gulenkos sozionische Interpretation der Temperamente und die empirischen Daten von Nadja Medvedovska bestätigt werden. 



Angst bei Phlegmatikern und Cholerikern 



Angst ist ein Gefühl, das in den Befragungsdaten relativ selten genannt wird. So erreicht es in der Kontrollgruppe nur einen Anteil von 6 Prozent. Daher besteht zwangsläufig die Gefahr, dass von der Stichprobe nur verzerrte Schlüsse auf die gesamte Realität gezogen werden können. Da allerdings nach den antiken Autoren sich Phlegmatikern und Cholerikern in diesem Merkmal deutlich unterscheiden, soll auch hier ein Vergleich unternommen werden. Dabei zeigt sich eine klare Abweichung vom Durchschnitt in die erwarteten Richtungen; denn einem Anteilswert von 9 Prozent bei den Phlegmatikern steht ein entsprechender Wert von genau der Hälfte, also 4,5 Prozent, bei den Cholerikern gegenüber.

Auch bei diesem Typisierungsmerkmal lassen sich also die Annahmen Gulenkos und die Relevanz der sozionischen Typisierung absichern. 



Weitere Besonderheiten der Temperamenttypen 



Neben diesen drei Emotionen findet man auch für das Gefühl Zorn deutliche Unterschiede zwischen den Typen, da es offensichtlich die antiken Merkmalsbeschreibungen reizbar und willensstark bei den Cholerikern auf der einen Seite und friedliebend bzw. selbstbeherrscht bei den Phlegmatikern und Melancholikern auf der anderen Seite erfasst. So ist für die Choleriker Zorn mit 15 Prozent ein recht häufiges Gefühl, während es bei den Phlegmatikern mit 8 Prozent und bei den Melancholikern mit nur 4 Prozent kaum ins Gewicht fällt.

Die sozionische Temperamentlehre, wie sie Victor Gulenko entwickelt hat, wird also durch die Befragungsdaten gestützt. Die sozionischen Typen, die nach seinen Kriterien zu den vier antiken Temperamenten zusammengefasst wurden, unterscheiden sich bei den Gefühlen Freude, Leid, Angst und Zorn in der erwarteten Weise.


Literatur:


Gulenko, Victor, Sozionische Temperamente, 6. Kapitel, in: Die Koordination des Managementteams. Sozionik für Führungskräfte.

Izard, Caroll E., Die Emotionen des Menschen. Eine Einführung in die Grundlagen der Emotionspsychologie, Weinheim/Basel 1981.

Medvedovska, Nadja, Empirische Untersuchung der Gefühle von sozionischen Typen, 2010.

(Überarbeite Version einer ersten Fassung vom 9.10.2010)

Montag, 23. September 2013

Sozionikseiten weltweit




Die beliebtesten Sozionikseiten weltweit


Alexa-Daten von 50 ausgewählten Informationsangeboten





Informationsgrundlagen für sozionische Webseiten



Dank der Auswerten non Alexa Internet, einer Tochter von amazon.com, lassen sich zumindest Hinweise für die tatsächliche Nutzung von Internetseiten gewinnen. Wichtigster Indikator ist dabei der Alexa-Rang, der mithilfe der ausgewerteten Besucherzahlen ermittelt wird. Aufgrund der Erhebung ist die Verlässlichkeit dieser Angaben allerdings umstritten, was sich auch aus der Bedeutung dieser Zahlen für die Werbewirtschaft erklärt, da Online-Anzeigen vor allem nach den Besucherdaten bezahlt werden müssen. Die Werbewirtschaft ist daher auch der wichtigste Kunde von Alexa Internet. Für Betreiber, die ihre Werbeeinnahmen erhöhen wollen, kann sich daher eine manipulative Erhöhung von Besucherzahlen sogar dann rechnen, wenn damit Fremdgesellschaften in Niedriglohnländern beauftragt werden müssen. Ein Beispiel sind hierfür die sogenannten Like-Arbeiter in Bangladesh.


Neben dem Rang, der bei beliebten Seiten auch für einzelne Länder getrennt berechnet wird, spielen bei der Bewertung eines Webangebots noch einige weitere Indikatoren eine Rolle. Zu nennen sind hier die Absprungrate oder Bounce Rate, die Page Impressions oder Seitenabrufe eines Users und die Aufenthaltsdauer auf derselben Webseite.

Diese drei Indikatoren geben Aufschlüsse über die tatsächliche Nutzung einer Webseite und damit auch Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten.

Das gilt etwa für die Absprungrate, die Kurzbesuche erfasst, also potenziellen User zählt, die durch das vorgefundene Angebot nicht zur einer intensiven Beschäftigung mit dem Text motiviert werden.


Etwas andere Aspekte dieses Interesse an einer aufgesuchten Seite erfassen die Zahl der Seitenabrufe und die Aufenthaltsdauer. Auch hier weisen Angebote, die einen User ansprechen, hohe Werte aus.

Allerdings sind die Daten auch von formalen Merkmalen einer Seite und ihrer Funktion abhängig. So kann bereits prinzipiell eine Webseite mit nur wenigen Informationen auch nur über weniger Seitenabrufe pro User verfügen.

Wichtiger sind jedoch die unterschiedlichen Funktionen, die eine Webseite besitzen kann. Das zeigen gerade die sozionischen Angebote, wo sich deutliche Unterschiede zwischen den Übersichtsportalen, den Foren, den Datingseiten, reinen Testangeboten und den Informationen einzelner sozionischer Schulen erkennen lassen, wie in der folgenden Tabelle deutlich wird.


Detailinformationen über 30 besonders beliebte Sozionk-Seiten (1)



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186.840
10.835


42,5
3,4
05:16
2
www.socioforum.su
261.149
26.814


78,7
1,8
01:51
3
www.your-ideal.com
305.839
23.443


49,5
3,7
02:46
4
www.socionics.org
377.100
19.598


31,5
7,5
04:09
5
www.the16types.info
490122

259.057

30,4
3,8
13:45
6
www.socionics.com
519.059

195.699

48,7
4,5
05:34
7
www.socionic.ru
671.923
41.889


64,9
3
02:15
8
www.socioniko.net
730.583
47.556


71,7
2,1
02:03
9
www.psychotype.ru
834.234
51.216


55,0
7
03:04
10
www.socioscope.com
962.632



34,8
6
02:10
11
www.tests-tests.com
962.632



36,4
33
06:43
12
www.socionik.com
1.002.641
73.133


81,2
1,3
01:18
13
www.terra-socionika.ru
1.393.151
62.165


52,9
1,8
02:16
14
www.socionix.com
1.433.814



54,8
2,5
03:23
15
www.dual.com.ua
1.605.599



40,0
8
14:26
16
www.ru.laser.ru
1.903.946



64,7
1,6
01:09
17
www.socionik-light.com
2.129.978



83,3
1,2
01:59
18
www.typelab.ru
2.228.634


32.763
70,6
1,9
02:34
19
www.wikisocion.org
2.299.183



16,0
4
05:14
20
www.socioclub.org
2.363.164




4
01:41
21
www.socioland.ru
2.404.314




4
02:24
22
www.sociomodel.ru
2.435.496




1,1

23
www.socionik.com.ua
2.498.773



60,0
2,6
02:36
24
www.socionics.us
2.526.029



72,0
2,3
01:51
25
www.socjonika.pl
2.554.191


46.181
58,3
1,5
02:04
26
www.sociocentre.ru
2.708.610




4
04:25
27
www.dualniy-brak.com
3.473.115




3

28
www.modernsocionics.ru
3.609.895




1,7
03:42
29
www.socioniks.net
4.104.795




6
02:55
30
www.typen-und-mehr.com
4.726.708




2,4
02:32
 
Nach diesen Daten gibt es eine breite Streuung zwischen den Werte für die drei Indikatoren. So schwankt die Absprungrate zwischen nur 16 % bei wikisocion bzw. 30 % bei dem Forum 16types und über 70 % bei Seiten, die seit längerer Zeit nicht mehr aktualisiert wurden wie socioniko.net.

Zahlreiche Seiteabrufe sind fast zwangsläufig mit einem längeren Test verbunden, den ein Nutzer durchführt, wie mit 33 Seitenabrufen das Beispiel tests-tests zeigt. Seiten einzelner Schulen schaffen hingegen häufig nicht einmal zwei Seitenabrufe im Durchschnitt ihrer User.


Auch wenn die Zahl der Page Impressions Auswirkungen auf die Aufenthaltsdauer hat, erfasst sie vor allem die Beschäftigung mit einer Seite, also grob gesprochen die Frage, ob man einen Text nur kurz überfliegt oder ihn intensiv studiert. Hier gibt es sogar zwischen den Foren deutliche Unterschiede, wenn 16types im Durchschnitt über 13 Minuten lang gelesen wird, socioforum hingegen nicht einmal 2 Minuten.


Das reduzierte Informationsangebot für weniger beliebte Seiten


Für weitere 20 Sozionik bietet außer den Rangplätzen keine weiteren Informationen an. Aber auch diese einfache Zahl hat ja durchaus einen Aussagewert.


Alexa-Ränge für weitere 20 Sozionik-Seiten



Webseite
Rang weltweit
31
www.famo.ru  
4.791.284
32
www.tipiruem.ru
 5.830.743
33
www.socionics.ru    
6.561.499
34
www.socionics.kiev.ua
6.995.138
35
www.soctype.ru
8.284.347
36
www.typtest.ru
8.639.340
37
www.socioinfo.ru
9.201.298
38
www.socionicsdating.com
10.279.088
39
www.socionicasys.ru
11.056.062
40
www.uralsocionics.ru
11.146.504
41
www.typologies.ru
11.278.734
42
www.socionics.in.ua
11.555.412
43
www.16ego.ru
14.577.529
44
www.reinin.ru
14.917.439
45
www.sociodiagnostika.info
14.917.822
46
www.socionics4you.com
16.800.471
47
www.socionikaskola.lv
20.429.489
48
www.psychotypen.de
20.891.814
49
www.socioclub.ru
22.738.276
50
www.gamo.ru
25.529.189


Angaben über zahlreiche weitere, häufig sehr gut gemachte Sozionik-Seiten stehen kaum zur Verfügung, da auch Alexa Internet zu wenige Besucherdaten zur Verfügung standen. So heißt es zu den Seiten nur lapidar: „No data“.

(Daten vom 23.9.2013)




1) Anmerkung: Obwohl die Daten sorgfältig gesammelt wurden, kann keine Gewähr für eine vollständige Erhebung übernommen werden. Daher wurden die Webseiten zwar in eine Reihung gebracht, die aber keine vollständige Rangreihe bedeuten muss.